Asbest ist eine Sammelbezeichnung für eine Gruppe natürlich vorkommender, feinfaseriger Minerale, die wegen einer Reihe besonderen physikalischer Eigenschaften ihrer Fasern seit jeher in großen Mengen gewonnen und verwendet werden. Von der Antike bis heute sind über 3.000 Produkte bekannt, in denen Asbestfasern verarbeitet wurden.

Dass der Umgang mit Asbest mit gesundheitlichen Gefahren verbunden ist, ist seit Beginn des 20. Jahrhunderts bekannt. Grund für die Gefährlichkeit von Asbest ist die Lungengängigkeit der einatembaren Mineralfasern, verbunden mit einer hohen Biobeständigkeit im menschlichen Organismus. Obwohl in Deutschland seit 1993 verboten, sterben hierzulande jährlich rund 1.500 Menschen an den Spätfolgen ihrer individuellen Asbestexposition - und dies mit steigender Tendenz. Todbringend sind Asbestose, Lungen-, Bauchfell-, Kehlkopf- oder auch Eierstockkrebs.

Dennoch ist zu konstatieren, dass in Deutschland und Europa für Arbeitspersonen und Wohnbevölkerung ungleich bessere Schutzvorkehrungen bestehen als in vielen anderen Ländern, insbesondere denen des globalen Südens, ganz zu schweigen von den hauptproduzierenden Staaten Russland und China. Während Gewinnung, Verarbeitung und Verwendung von Asbest dort unvermindert anhalten, werden bei uns im Zusammenhang mit der forcierten energetischen Ertüchtigung der Bestandsgebäude nun zunehmend auch diejenigen Wohnungen in den Fokus gerückt, die zwischen 1950 und 1990 in Deutschland gebaut wurden.

Dies erfolgt deswegen, weil neuere Untersuchungen zeigten, dass das Ausmaß der Anwendung von Asbestfasern in Putzen und Spachtelmassen um ein Vielfaches höher ist als bislang angenommen. Da eine visuelle Begutachtung der betroffenen Gebäude in aller Regel keine abschließende Aussage ermöglicht, kommen auf Bauwillige vermehrt Beprobungs- und in der Folge auch Untersuchungs- und Sanierungskosten zu. Schon werden Forderungen laut nach einem verbindlichen Asbestpass für alle Wohngebäude.

Ist die aktuelle Entwicklung noch angemessen? Oder stellt sie wo möglich eine bürokratische Zumutung für Bürgerinnen und Bürger dar? Hierüber und über weitere Aspekte kann im Anschluss an den Vortrag von Walter Keller diskutiert werden. Der Referent ist Diplom-Geologe und betreibt ein umwelttechnisches Gutachter- und Beratungsbüro mit Sitz in Griesheim.